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Flucht von Deutschland nach Deutschland

NACHGEMACHT - Spielekopien aus der DDR: Flucht von Deutschland nach Deutschland - Monopoly



MONOPOLY


Weihnachten ist die Zeit der Heimkehrer. Viele arbeiten oder studieren weit von dem Ort entfernt, in dem ihre Familie lebt und vor heilig Abend setzt sich halb Deutschland in Bewegung, um genau dahin zurück zu gelangen. Auch Manuela Knobloch verließ ihre Heimat, das war 1989 und als sie das beschloss, war eine Rückkehr ausgeschlossen. Ihr nachgemachtes Monopoly ließ sie zurück.



Im Sommer erhielten wir eine etwas rätselhafte Mail von einer Frau, die in der Zeitung von uns gelesen hatte. Sie erinnerte sich daraufhin an ihr selbst gebasteltes Monopoly und wollte es uns zukommen lassen. Soweit war nichts Ungewöhnliches daran, doch ihr Absender war ein Ort in der Pfalz. Hatte eine Westdeutsche ein Spiel nachgemacht? Rasch kam die Antwort, dass sie bald in unserer Nähe sei, um das Spiel persönlich zu überreichen.

An einem Sonntag morgen klingelte es an der Tür und ein sportlich gekleidetes Ehepaar stand vor der Tür. Wie telefonisch vereinbart wollten wir uns zur Übergabe des Monopolys treffen. Am Telefon sprach die Frau, Manuela Knobloch, mit pfälzischem Dialekt und die Vermutung, einen westdeutschen Nachbau zu erhalten verhärtete sich. Was sie nun jedoch an der Tür entgegenstreckte war der Karton eines Plaste-Plattenbaus und Miniaturgröße, wohl für die Modelleisenbahn und zweifelsfrei ein Ostprodukt. 

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Bei einem Glas Wasser erzählten die beiden dann ihre Geschichte. Hier folgt ein kurzer Abriss. (Nach Möglichkeit werden wir hier noch ein Audio- oder Videointerview nachreichen). Beide stammten aus Brandenburg und sind kurz vor der Wende in den Westen geflohen. Sie waren schon einige Zeit ein Paar und lebten bei Manuelas Mutter. Sie waren mit den Verhältnissen in der DDR unzufrieden und wollten weg. Zu einer Flucht trauten sie sich erst, als Manuelas Bruder es über die ungarische Grenze geschafft hatte. Der war mit seiner Mutter und einigen Freunden in den Urlaub gefahren. Als die Mutter dann wieder nach Hause zurück kam, war sie allein. Der Sohn hatte sich eines Nachts zu Fuß und nur mit einem Koffer über die Grenze geschlichen. Der Mutter hatte er nichts davon erzählt.

Manuela und ihr Mann wollten es ihrem Bruder gleich tun. Mit größter Vorsicht lagerten sie all ihr Hab und Gut im Haus der Mutter ein – auch das Monopoly. Keiner durfte von ihren Absichten erfahren und es musste schnell gehen. Sie verkauften ihren Trabant, verabschiedeten sich von der Mutter und fuhren nach Ungarn. Sie hatten erfahren, wie ihr Bruder fliehen konnte und wollten es ihm gleich tun. Mit jeweils einem Koffer gingen sie zu Fuß los und als sie die Grenze überschritten hatten – nichts. Quasi zeitgleich mit ihrer Flucht, fiel die Mauer. Sie waren im „kapitalistischen Ausland“ angekommen, aber zurück wollten sie nicht. 

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Sie kamen in die Pfalz als Ausländer und es dauerte Jahre, bis sie den neuen Wohnort als ihr zu Hause annehmen konnte. Manuela schildert ernst, aber mit dem Abstand von über zwanzig Jahren, wie es ihnen erging. Sie beschreibt, wie sie das erste Mal in ein großes Kaufhaus ging und sich von den vielen Eindrücken gelähmt, fast nicht bewegen konnte. Doch das Schwierigste war wohl die erste Reise zurück in ihre alte Heimat, denn dort fühlten sich Viele von ihnen im Stich gelassen. In der Pfalz wiederum war sie fremd, weil sie aus dem Osten kam – Deutsche als Migranten im eigenen Land!? Doch zurück gehen, kam für beide nicht in Frage. Eine Zeit lang verheimlichte sie, woher sie kamen, aber heute kann sie frei darüber berichten und zeigte stolz ihr Monopoly vor. Dieses hatte sie aus dem alten Lager im Haus ihrer Mutter geholt, denn dort befand es sich noch immer. 

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Wir von NACHGEMACHT wünschen allen ein wunderbares Weihnachtsfest, ganz gleich, wo ihr euch gerade befindet, ob ihr in eurer Heimat seid, oder nicht. Egal woher ihr kommt und wohin ihr geht (auch Deutsche mit deutschem Migrationshintergrund), habt eine gute Zeit und nutzt die Gelegenheit mal wieder zu spielen. 

Autor: Geis



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